Choleriker als Chef – Was kann ich dagegen tun?
Die besten Tipps, wie du die Situation durchschaust und dich schützt
Viele Arbeitnehmer leiden unter einem cholerischen Chef. Sie leiden, das impliziert: sie fühlen sich als Opfer. Und damit sind wir schon mitten im Problem, denn um das Ende vorwegzunehmen: die Lösung lautet: setze einem Choleriker Grenzen und schütze dich – im Zweifelsfall, indem du gehst.
Was macht einen Choleriker aus?
Die umgangssprachliche – nicht wissenschaftliche – Bezeichnung „Choleriker“ wird für Menschen verwendet, die ihre Wut und ihre Aggressionen immer wieder unkontrolliert ausleben. Sie sind leicht reizbar, jähzornig und neigen zu Wutanfällen. Choleriker haben eine geringe Frustrationstoleranz, eine schwache Impulskontrolle und ein hohes Aggressionspotential.
Mein Chef, der unberechenbare Tyrann
Oft empfinden Menschen, die unter einem cholerischen Vorgesetzten leiden, diesen als tickende Zeitbombe. Wutausbrüche und Beleidigungen sind an der Tagesordnung. Selbst Kleinigkeiten können das völlige Ausrasten des Cholerikers bewirken.
Sie sind dann aufbrausend, kränkend und drohen ihren Mitarbeitern auch schon einmal mit personellen Konsequenzen. Allein die Art oder das Auftreten eines Mitarbeiters kann einen Wutanfall auslösen, von der Arbeitsleistung ganz zu schweigen.
„Es ist kaum zu ertragen!“
Betroffene fühlen sich erniedrigt, gedemütigt, beleidigt und verletzt. Viele haben regelrecht Angst vor ihrem cholerischen Chef. Sie beschreiben die Situation als niederschmetternd, extrem kräfteraubend und als große Belastung. Das Selbstwertgefühl dieser Menschen ist auf dem Nullpunkt.
Die Unberechenbarkeit des cholerischen Vorgesetzten ist das Hauptproblem für viele Opfer. Selbst wenn man mit der Zeit ein Gespür dafür entwickelt, worauf der Chef so heftig reagiert, wirklich vorhersehbar und vor allem vermeidbar sind die Anfälle nicht. Sein verstörendes Verhalten tyrannisiert seine Mitmenschen und Kollegen. Allerdings leiden nicht alle, die einen cholerischen Chef haben, gleichermaßen unter ihm. Wieso ist das so?
Es trifft die Schwachen, aber es gibt Hoffnung
Wie man auf einen cholerischen Chef reagiert, hängt maßgeblich von der eigenen Konstitution ab. Es kommt darauf an, wie man das Erlebte bewertet. Wer Schreckliches erlebt, kann daran zerbrechen. Man kann aber auch daran wachsen. Die eigene Bewertung macht den entscheidenden Unterschied.
Viele fühlen sich dem cholerischen Chef gegenüber macht- und hilflos. Sie leiden. Klar, denn man verliert die eigene Kraft und Lebensfreude, wenn man sich fortwährend entwürdigend behandeln lässt. Damit einhergehend sinken das Selbstbewusstsein und der Selbstwert weiter ab. Es ist ein Teufelskreislauf, aber man kann ihn durchbrechen.
Was den Psychoterror definitiv nicht beendet
Wer in der Opferrolle verharrt, löst das Problem nicht. Demütig und schweigend cholerische Anfälle auszuhalten, verschlimmert die Situation. Wenn der „Wut-Chef“ spürt, dass er keine Gegenwehr bekommt, wird es meist noch schlimmer – getreu dem Motto: Mit dem Mitarbeiter kann ich es ja machen. So beraubt man sich selbst weiter seiner Würde.
Jede starke Gegenreaktion ist aber ebenfalls zu vermeiden. Selber laut zu werden, schürt den Konflikt zusätzlich. Und Mädels: Bitte nicht weinen. Ihr wollt doch ernst genommen werden. Ihr habt Respekt verdient, kein Mitleid. Das ändert auf Dauer nämlich auch nichts an der Situation, dass da jemand Macht über euch hat.
Entkomme dem Teufelskreis
Ja, eigentlich hat bzw. ist der Choleriker das Problem. Diese naheliegende und berechtigte Schuldzuweisung/Klarstellung nützt dem Opfer nur nichts. Denn das Opfer hat ja nun offensichtlich auch ein Problem. Es lässt sich nämlich durch den Choleriker in einen emotionalen Ausnahmezustand bringen. Geht es dir so? Wenn ja: Warum gibst du deinem cholerischen Chef diese Macht über dich? Um die Situation zu verändern, müssen Betroffene die Opferrolle verlassen und aktiv werden.
Du musst es dir wert sein, dich zu schützen. Oder denkst du unbewusst, du hast es verdient, dass man so mit dir umgeht? Ich hoffe nicht! Ich möchte dich motivieren, dir deinen Selbstwert bewusst zu machen und aufzubauen. Das kannst nur du! Wenn du der Meinung bist, dein Chef und jeder andere sollte dir mit Wertschätzung und Respekt begegnen, dann behandle dich selber so. Denn nur wenn du dich wertschätzt, wird dein Umfeld das Gleiche tun. Dazu gehört, dass du dich schützt, indem du Grenzen setzt.
Werde stark und gestalte dein Leben
Dein Chef tobt mal wieder. Was tun? Erkenne, dass dein Chef gerade ein Problem hat. Du musst sein Problem nicht zu deinem machen. Bleibe bei dir. Stell dich aufrecht hin und reagiere sachlich und mit klarer, ruhiger Stimme auf Kritik. Es geht darum, Grenzen zu setzen. Grenzen werden von Cholerikern in der Regel akzeptiert. Wenn dein Chef deine Grenze überschreitet, mangelt es ihm offensichtlich an Respekt und Wertschätzung dir gegenüber. Überprüfe in dem Fall selbstkritisch, ob du dich selber respektierst und wertschätzt.
Eine rationale Diskussion wird während eines Wutanfalls kaum möglich sein – der Choleriker befindet sich quasi im akuten Kriegszustand. Bleibe trotzdem nüchtern. Mit der klaren Ansage „In einem sachlichen Ton können wir gerne darüber reden, aber nicht so“ setzt man eine nötige Grenze und schützt sich selber. Das erfordert einem ausrastenden Chef gegenüber zwar Mut, aber es ist meist der einzige Weg, um die Situation zu verbessern. Wenn der Chef darauf nicht reagiert ist es auch legitim den Raum zu verlassen. Sag, dass die Situation für dich so nicht tragbar ist und man in 10 Minuten/später darüber reden kann.
Analysiere hinterher die Konfliktsituation und versuche zu erkennen, wann und wodurch du selber emotional aus der Balance gebracht wirst. Wer sich klarmacht, dass man selber einen Handlungsspielraum hat, kommt leichter aus der Opferrolle heraus. Es hilft, wenn man sich immer wieder bewusst sagt: „Ich entscheide selber, wer mich provoziert.“
Das Gespräch suchen ist besser als zu schweigen
Man sollte durchaus den Chef in einer ruhigen Minute auf den Vorfall ansprechen und klar kommunizieren, dass sein Ausrasten nicht in Ordnung war. So signalisierst du dem Choleriker, dass du nicht bereit bist, alles einfach hinzunehmen und dass du dich wehrst. Du setzt noch einmal mehr deine Grenzen. Argumentiere ganz sachlich, dass seine Wutanfälle die Produktivität und das Wohlbefinden der Belegschaft einschränken.
Auch unter Cholerikern gibt es Unterschiede. Ist der Chef bei einem offenen Gespräch prinzipiell einsichtig und reflektiert, kann man beispielsweise ein Signalwort für die Ausraster vereinbaren. Wenn das fällt, weiß der Chef, dass er gerade zu weit geht. Bei emotional geprägten Cholerikern wird man damit aber nicht weit kommen.
An vielen Arbeitsplätzen werden cholerische Anfälle des Chefs hinterher auch einfach totgeschwiegen als wäre nichts passiert. Ein Choleriker erwartet dies vielleicht sogar, zumal er sich seines massiven Fehlverhaltens in den meisten Fällen nicht bewusst ist. Sei dir darüber im Klaren, dass zu schweigen eine stille Zustimmung ist und künftige Anfälle nicht verhindern wird.
Gibt es nirgends Hilfe?
Wenn vorhanden, kann man sich auch an den Betriebsrat oder den übernächsten Vorgesetzten wenden. Von „oben“ lassen sich Choleriker meist in die Schranken weisen. Auch eine juristische Auseinandersetzung ist möglich. Ein Chef darf sich nicht alles erlauben, aber die psychische Belastung eines Gerichtsprozesses sollte man dabei nicht unterschätzen. Wird der Chef handgreiflich oder massiv beleidigend, liegt definitiv eine Straftat vor. Wichtig dabei ist, dass man das Fehlverhalten belegt, zum Beispiel durch Aussagen von Kollegen. Dann droht dem Choleriker eventuell sogar die Kündigung.
Fazit
Betroffene, Leidende: Steht auf und steht zu euch! Lernt Grenzen zu setzen! Stärkt euer Selbstbewusstsein und euren Selbstwert! Es ist euer Leben. Nehmt es in die Hand. Ihr tragt die Verantwortung dafür. Lasst euch von der Situation aufrütteln. Seht es als Chance, persönlich zu wachsen. Den Choleriker könnt ihr nicht ändern. Ihr könnt nur euch ändern, aber wenn ihr euch verändert, ändert sich euer Umfeld auch. Und wenn das alles nicht hilft, dann wechselt den Arbeitsplatz. Wer sich echtem Terror über einen längeren Zeitraum hinweg aussetzt, gefährdet seine Gesundheit.
Zu gehen ist ein Zeichen von Stärke, wenn du dich dadurch selber schützt!
Falls sich jemand fragt, ob ich solche Themen während meines geisteswissenschaftlichen Studiums behandelt habe? – Nein, aber während der Ausbildung zum und bei der Arbeit als Atemcoach.
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Guten Tag Frau von Hülsen,
Der Artikel ist an sich nett geschrieben, dennoch stört mich der Ausdruck Mädels bitte nicht heulen, denn ihr verdient Respekt und kein Mitleid. Dies ist wirklich sehr sexistisch, denn erst einmal sind wir Frauen nicht die einzigen, die heulen und zweitens wenn emotionale Menschen ihren Gefühlen Ausdruck verleihen, kann und soll man sich nicht dagegen wehren, sondern dazu stehen. Auch und gerade wenn man weint verdient man Respekt. Bitte denken Sie darüber nach und ändern Sie den entsprechenden absatz, andererseits werden Sie die Opferrolle als Frau weiterhin unterstützen, was sicher nicht Ihr Anliegen ist.
Viele Grüße,
Svenja Gehring
Hallo Frau Gehring, Danke für das interessante Feedback. Ich habe mir den Abschnitt noch mal kritisch durchgelesen. Er kann aus meiner Sicht so stehen bleiben, aber ich ergänze gerne noch den ein oder anderen Gedanken.
Meiner Ansicht nach gibt man sich mit Weinen als Reaktion auf einen cholerischen Anfall als besiegt. Mir ist auch klar, dass der Tipp „heul nicht“ der betreffenden Person nichts nützt, weil sie es nicht kontrollieren kann. Hier muss erstmal das Bewusstsein aufgebaut werden, was da gerade abläuft und die Klarheit, dass ein Unrecht passiert und man das nicht akzeptiert. Leider ist dies nicht so einfach, aber ich sehe es nicht als aussichtslos an hier an sich zu arbeiten und aus diesen Strukturen auszubrechen.
Dass Weinen normalerweise Mitleid erzeugt, abgemildert Mitgefühl, ist so. Nur für einen cholerischen Chef gilt halt „normalerweise“ nicht. Würde er sich normal verhalten, wäre er nicht cholerisch.
Mit „ihr verdient Respekt“ ist ein respektvoller Umgang gemeint. Der sollte normal sein, egal ob im beruflichen oder im privaten Umfeld. Ich meinte damit nicht, dass die ein oder andere Verhaltensweise mehr Respekt verdient. Schreien und dem Choleriker Gegenwehr bieten verdient meiner Ansicht nach auch keinen Respekt. Genauso wenig eben Weinen. Ich habe überhaupt nichts gegen Weinen an sich, aber nicht in der Situation.
Im Übrigen: Warum sollte etwas Respekt verdienen, wenn es einfach passiert, also unkontrolliert. Hier wird nicht Weinen eingesetzt als bewusstes Statement: „he, du schreist gerade einen Menschen an“, sondern hier wird aus Schwäche kapituliert, hier fließen einfach die Tränen, weil nicht mehr anders reagiert werden kann.
Aber, das stimmt: Auch Männer können mit Weinen auf einen cholerischen Anfall reagieren. Da es für Frauen typischer ist, habe ich mich für Frauen entschieden, fand es sprachlich jedoch zum Text passender und schöner von Mädels zu sprechen. Mit besten Grüßen, Friederike v. Hülsen
Hallo Frau von Hülsen,
ersteinmal danke für Ihre dargebotene Sicht der Dinge und die damit gegebene Hilfestellung.
Soweit, so gut.
Aber ich kann ganz aktuell berichten, dass meine , cholerische Vorgesetzte mir nicht einmal einen Platz für meine Ansichten auch nur einen klitzekleinen Moment einräumt.
Dann heißt es : “ unterbrechen sie mich gefälligst nicht “
Als ich später darüber mit ihr sprechen wollte, hatte sie – und das war zu erwarten, natürlich keine Zeit.
Ich wette darauf, genauso geht es mindestens über der Hälfte der Betroffenen- uns, die Ihren Artikel aufrufen.
Was also tun, wenn weder der nötige Respekt ( und ich bin selbstbewusst, nützt aber gar nix ) gewahrt wird, noch die Möglichkeit gegeben ist, sich zu äußern, zu antworten, überhaupt zu reagieren??
Freundliche Grüße
Liebe Frau Pappelbaum, danke Ihnen für Ihr Feedback. Im Artikel habe ich diverse Möglichkeiten beschrieben, wie man auf so einem „Anfall“ reagieren kann. Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen gelingt sich innerlich abzugrenzen, ruhig bei sich zu bleiben und die Vorwürfe im Außen zu lassen. Die Abgrenzung ist wichtig. Im Zweifelsfall wirklich den Raum verlassen und sagen, dass man darüber sprechen kann, wenn das in einem normalen Ton möglich ist. Und fragen Sie Kollegen, ob sie die gleichen Erfahrungen mit der Person machen. Sicher gibt es auch welche, bei denen das nicht passiert. Wo ist der Unterschied? Wissen die vielleicht einen Tipp? Viel Erfolg! Mit besten Grüßen, Friederike v. Hülsen